Unser Brauchtum

Vor vielen Jahrzehnten gab es eine Zeit im Jahr, da Schnee, Kälte und Eis die Bauern und ihr Gesinde von Wiesen und Wäldern in die Stuben vertrieben. Lang, rau und geheimnisvoll waren die Winternächte, der Alltag der Menschen geprägt von Aberglaube und Furcht. Dämonen, Geister und mystische Wesen gehörten zum Glaubensbild vieler Dorfbewohner. Damals wie heute markieren der Bärbele- und Klausentag den eigentlichen Beginn der Weihnachtszeit, dem vor allem die Kinder meist mit gemischten Gefühlen zwischen Freude und Angst entgegensehen.

Wilde Klausen

Das Klausentreiben ist ein überlieferter Brauch im Alpenraum. In vielen Orten des südlichen Allgäus verkleiden sich am 5. oder auch 6. Dezember junge Männer und ziehen bei Einbruch der Dunkelheit verkleidet und mit Ruten ausgestattet durch die Straßen. Die Ursprünge des Brauches sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Der Großteil der Historiker führt ihn zurück auf heidnische Zeiten, vermutlich keltischen Ursprungs. Er hatte zum Ziel die bösen Geister und Dämonen, die in der dunklen Zeit der Rauhnächte ihr Unwesen trieben, auszutreiben. Dafür bekleideten sich junge, furchtlose Burschen mit zotteligen Fellen, gesichtslosen Masken gehörnt mit Hirschgeweihen. Sie banden sich Schellen und Ketten um den Leib, um so mit viel Lärm und Donner des nächstens durch die Dörfer zu ziehen.

Im Zuge der Christianisierung wurden die heidnischen Bräuche abgeschafft bzw. die Umzüge angepasst und auf den Nikolaustag gelegt worden.

Eine zweite Theorie zur Entstehung des Brauches geht zurück ins Mittelalter. Durch die Verschmelzung der Bischofsspiele der Jugendlichen und dem Umzug des Nikolaus von Myra am 6. Dezember, wurde dieser meistens von mehreren Teufelsgestalten begleitet. Diese Teufel waren ebenfalls mit Fellen maskiert und sollten eine Gegenfigur zum Nikolaus darstellten. Eine direkte Verbindung der Nikolausumzüge zum heidnischen Brauch lässt sich durch Quellen bis dato nicht belegen.

Geheimnisvolle Bärbele

Auch das Bärbeletreiben ist ein Allgäuer Brauch mit heidnischen Wurzeln. Der Name des Brauches leitet sich von der Legende der heiligen Barbara ab, der am 4. Dezember mit verschiedenen Bräuchen gedacht wird.

Das weibliche, aber kaum weniger wilde Pendant zu den Klausen, ist also am Barbaratag selbst unterwegs - dem Tag, der im Allgäu früher als Gabentag galt. Schon in vorchristlicher Zeit war der 4. Dezember ein besonderes Blatt auf dem Kalender: Frau Hohe, Bertha, Perchta, Holda und andere verzauberte Gestalten erschienen am Vortag und erschreckten die Menschen.

Die Allgäuer Bärbele haben eine hexenähnliche Gestalt. Sie tragen flicken- und fellbedeckte Kleider und Masken, die mit Moos, Rinde, Felchen und anderer Naturmaterialien bedeckt sind. Um ihren Leib ist eine große Schelle geschlungen. Mit ihren Besen aus Birkenreisig und Weidenruten kehren sie in wildem Tanz des Nächtens um Häuser und Höfe. Symbolisch für alles Böse fegen sie den Unrat zunächst auf die Straße hinaus und anschließend durch das Dorf. Die Straßen sind menschenleer, alle müssen schweigen. Wagt sich jemand vor das Haus, bekommt er von den Bärbele einen Hieb mit dem Besen. Dieser soll allerdings Glück bringen und die Fruchtbarkeit fördern. Kindern schenken sie - ähnlich dem Nikolaus - Nüsse, Äpfel und andere Gaben.